Autorin: Dörte Hansen
Buchbesprechung kurz & knapp zusammengefasst
„Altes Land“ erzählt die Geschichte der fünfjährigen Vera, die 1945 mit ihrer Mutter Hildegard von Kamcke aus Ostpreußen flüchtet. Ihr Vater wurde dort erschossen und ihr kleiner Bruder starb auf der Flucht. So stranden sie auf dem Apfelhof von Ida Eckhoff im Alten Land, sind aber als Flüchtlinge nicht willkommen. Ihr Leben lang fühlt sich Vera fremd in dem großen kalten Bauernhaus und kann sich trotzdem davon nicht trennen. Bis sechzig Jahre später plötzlich ihre Nichte Anne vor der Tür steht. Sie ist mit ihrem kleinen Sohn aus Hamburg-Ottensen geflüchtet, wo Annes Mann eine Andere liebt. Vera und Anne sind einander fremd und haben doch viel gemeinsam.
Dit Huus i mien un doch nich mien, de no mi kummt, nennt’t ook noch sien.
Meine persönlichen Leseeindrücke
Nach „Mittagsstunde“ und „Zur See“ lese ich nun den Debütroman „Altes Land“ von Dörte Hansen, der 2020 mit Iris Berben in der Rolle der Vera und Svenja Liesau in der Rolle der Anne verfilmt wurde. Vera und Anne sind die zwei Einzelgängerinnen und Hauptpersonen, die gleichzeitig auch als roter Faden im Roman fungieren, der ansonsten mit recht vielen schrätigen, verschrobenen und deprimierten Protagonisten ausgestattet ist. Also mache ich Bekanntschaft mit fast einem halben Dorf, abgesehen von der Verwandtschaft und der Hamburger Clique und habe damit schon so meine Mühe.
Was mir gleich auffällt und mir nicht so gefällt, wenngleich mit manch süffisantem Satz erheitern dargestellt, sind die Klischeebilder über Hamburger und Altländer. Da ich in Hamburg gearbeitet habe, kann ich manchen Charakterzug wiedererkennen und als Südtirolerin wohne ich im Apfelland südlich der Alpen und kenne mich mit den Altländern Apfelbauern bestens aus. Die Südtiroler sind nämlich nicht anders!
Die aufs Land gezogenen oder zu Landpartien kommenden Städter sind dargestellt als würden sie das Landleben idealisieren, die Strukturen nicht verstehen und bereit, den Bauern das umweltverträgliche Arbeiten auf dem neuesten Stand der Erkenntnisse beizubringen. Die Obstbauern ihrerseits sind alle starrsinnig, gehen das Landleben mit jener Art an, die hier seit Generationen gilt und blicken auf die Städter herab, die von allem sowieso nichts verstehen. Damit sind zwei Gegenüber definiert, die nicht daran denken, aufeinander zuzugehen.
Es kamen nicht nur die Ausgemusterten, die es in der Stadt nicht geschafft hatten. Akademiker und Kreative der Güteklasse B, zu angeschlagen für das Großstadtsortiment. Gesellschaftliche Ladenhüter, die auf dem Bauernmarkt noch einmal durchstarten wollten.
Was also dieses Umfeld mit Vera und Anna zu tun hat, ist mir nicht ganz klar. Denn die Geschichte beider könnte man ohne diese ganze drum herum genauso gut schreiben. Und ich glaube das ist der Grund, warum mir der Roman nicht so gut gefällt obwohl es Dörte Hansen durchaus vermag, bildhaft landschaftliche und architektonische Eindrücke zu vermitteln. Mir fehlt, wie auch in ihrem neuesten Roman „Zur See“ irgendwie der Hacken, an den ich mich als Leserin emotional anhängen und baumeln lassen kann.
Obwohl „Altes Land“ Hansens erster Roman ist, habe ich ihn als letzten gelesen und hätte ich mit ihm angefangen, hätte ich wahrscheinlich die beiden anderen Romane nicht gelesen.
Fazit
„Altes Land“ von Dörte Hansen ist gut zu lesen, unterhaltend und eine bissige Gesellschaftskritik, die die Autorin in ihre Geschichte über Vera Eckhoff mischt. Mit ihrem scharfen Literatenauge beschreibt sie Stadt- und Landmensch und ihre unterschiedlichen Auffassungen zum Landleben. Damit trifft sie durchaus den Nerv der Zeit und sichert sich die Sympathie der vielen begeisterten Leser.

Der Sommer auf dem Land war wie ein Krieg. Die Natur blies zur Attacke, und sie kannte keine Gnade. Man konnte mir ihr nicht verhandeln.
Die Autorin
Dörte Hansen wurde 1964 in Husum geboren. Nach ihrem Abitur 1984 studierte sie in Kiel und Hamburg Soziolinguistik, Anglistik, Romanistik und Frisistik. Sie schloss ihr Studium 1994 mit einer Promotion ab. Anschließend war sie in der Journalismusbranche tätig und arbeitete unter anderem für den NDR. Hansens Debüt „Altes Land“ von 2015 war überaus erfolgreich. 2018 erscheint ihr zweiter Roman „Mittagsstunde“, ein weiterer großer Erfolg. „Zur See“ ist ihr drittes Buch. Gemeinsam mit ihrer Familie lebt Dörte Hansen heute wieder in Husum. Quelle: Penguin Verlag
Bibliographische Daten (Stand Mai 2023 – Penguin Verlag)
- TITEL: Altes Land
- AUTORIN: Dörte Hansen
- GENRE: Roman – Taschenbuchausgabe
- VERLAG: Penguin Roman
- ERSCHEINUNGSDATUM (Taschenbuch): 13. März 2017
- UMFANG: 304 Seiten
- ISBN-13: 978 3 3281 0012 6
Weitere Roman von Dörte Hansen in meinem Blog sind Mittagsstunde und Zur See.
Leave A Reply