Autor: Gerhart Hauptmann
Buchbesprechung – kurz & knapp zusammengefasst
Bahnwärter Thiel ist die Romanfigur der gleichnamigen Novelle von Gerhart Hauptmann. Traumatisiert vom Tod seiner ersten Frau, verliert er den Verstand als auch sein Sohn Tobias stirbt.
Thiel ist Wärter vom Bahnübergang Nr. 29. Zu seiner Aufgabe gehört es rechtzeitig die schwarzweißen Sperrstangen zu schließen und zu öffnen, obwohl den Bahnübergang nur selten jemand passiert. Er ist ein stattlicher, gesunder Mann und verliebt sich in Minna, eine schmächtige und kränkliche junge Frau. Nach der Geburt von Tobias stirbt sie im Kindbett. Thiel ist traumatisiert und kommt über ihren Tod nicht hinweg. Da Tobias Pflege und Fürsorge braucht, heiratet er knapp ein Jahr später Lene. Lene war eine frühere Kuhmagd, ist kräftig und derb. Sie mag Tobias nicht und der Junge leidet unter ihr. Thiel bemerkt es, ist aber nicht fähig einzugreifen. Als Lene einen gesunden, kräftigen Jungen zur Welt bringt, wird die Situation für den schwachen und kränklichen Tobias immer schwieriger.
Die liebevolle Zuneigung, die Thiel seinem Erstgeborenen entgegenbringt, verstärkt Lenes Ablehnung.
Als Thiel unbeabsichtigt wüster Beschimpfungen von Tobias beiwohnt, unternimmt er nichts um seinen Sohn zu beschützen. Doch unbemerkt bricht etwas in seinem Inneren. Kurz darauf begleiten Lene und beide Kinder zu seinem Bahnübergang. Als Thiel seiner Aufgabe nachgehen muss, weil sich der schlesische Zug anmeldet, vertraut er ihn Lene Tobiaschen an mit dem ausdrücklichen Hinweis darauf zu achten, dass der Junge den Gleisen nicht zu nahekomme. Doch das Schicksal nimmt seinen Lauf. Tobias nähert sich spielend der Gefahr und wird von dem Zug erfasst und stirbt wenig später im Krankenhaus. Thiel verliert daraufhin den Verstand und tötet Lene und ihren Säugling.
Meine persönlichen Eindrücke
Die novellistische Studie ist kaum 44 Seiten lang. Das Werk ist 1887 entstanden und ich kann es dennoch leicht und fließend lesen. Die Sprache wirkt auf mich klar, unkompliziert und ohne stilistische störende Eigenheiten. Ich mag diese Art der Erzählung, mit dieser Intensität der sprachlichen Ausdrucksmittel und ich liebe dieses Spiel zwischen Außenwelt und psychischer Innenwelt. Ich darf betrachten, bin Zuschauerin bei dieser Novelle.
Fazit
Die Novelle „Bahnwärter Thiel“ von Gerhart Hauptmann ist eines der bedeutendsten Werke des deutschsprachigen Naturalismus. Es schildert den psychopathologischen Fall Thiels mit außergewöhnlicher sprachlicher Intensität. Wer sich dieser literarischen Gattung nähern mag, wird bei diesem Werk auf seine Kosten kommen.

Der Autor
Gerhart Hauptmann (1862 – 1946) erhielt im Jahr 1912 den Nobelpreis für Literatur. Nach einer abgebrochenen Lehre als Landwirt und dem zweijährigen Studium der Bildhauerei in Dresden reifte während einer Italienreise der Entschluss, freier Schriftsteller zu werden. Geprägt von Leo Tolstoi, Henrik Ibsen und seine Mitgliedschaft im Dichterverein „Durch“ wurde er zu einem Hauptvertreter des Naturalismus. Quelle Reclam
Bibliographische Daten (Stand April 2021 – www.reclam.de)
- TITEL: Bahnwärter Thiel
- AUTOR: Gerhart Hauptmann
- GENRE: Novellistische Studie
- VERLAG: Reclam
- ERSCHEINUNGSJAHR: 1888
- ISBN-13: 978 3 150 06617 1
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