Autor: Siegfried Lenz
Buchbeschreibung – kurz & knapp zusammengefasst
Im Roman „Deutschstunde“ von Siegfried Lenz erzählt Siggi Jepsen die Geschichte seines Vaters, eines norddeutschen Polizisten, der es im Nationalsozialismus für seine Pflicht hält, das Malverbot seines Freundes Nansen zu überwachen.
Es ist das Jahr 1943. An einem Freitag in April bereitet der Polizist Jens Ole Jepsen eine Dienstfahrt nach Bleekenwarf vor. Er muss dem Maler Max Ludwig Nansen ein in Berlin beschlossenes Malverbot überbringen. Sein Sohn Siegfried will dem Maler helfen seine Bilder zu retten. Doch das wird zu Obsession.
Das Malverbot ist vorbei und trotzdem behält Siggi ein krankhaftes Verlangen, die Bilder zu retten.
Damit begeht er eine Straftat. Er wird verurteilt und muss in eine Besserungsanstalt für straffällige Jugendliche. Als er in der Deutschstunde den Aufsatz zum Thema „Die Freuden der Pflicht“ nicht abliefern kann, muss er als Strafe solange in einem festen Zimmer bleiben, bis der Aufsatz fertig ist. Siggi lässt die Geschehnisse noch einmal Revue passieren. Das Schreiben wird für ihn zur Vergangenheitsbewältigung und einmal angefangen, kann er nicht mehr aufhören, bis alles erzählt ist.
Meine persönlichen Eindrücke
Deutschstunde ist der Lieblingsroman meiner Freundin Katrin. Nach 30 Jahren nehme ich also das Buch nochmals in die Hand und beginne eine Geschichte, an die ich mich nicht erinnere.
Wie Lenz es schafft so gekonnt scharf, unbiegsam und klar Menschen, Handlungen und Orte zu beschreiben ist einzigartig. Er nimmt sich Zeit dem Leser jede Romanfigur vorzustellen. So beschreibt er akribisch genau Gesicht- und Körpereigenheiten und auch Charaktereigenschaften. Vielleicht wirkt die Sprache auf junge Leser fremd, doch ist sie einzigartig. Die Romanhandlung selbst ist gewaltig.
Durch Siggi werden Kriegs- und Nachkriegszeit anschaulich, verständlich, erklärend, nüchtern, nicht anklagend aber keinesfalls entschuldigend erzählt.
Wenn ich manche Passagen langatmig finde, folgt darauf doch recht schnell eine unerwartete Wendung und ich verfolge wieder angespannt gebannt der Erzählung. Der Roman endet unerwartet positiv, das hat schon etwas Liebenswürdiges an sich. Er entlässt mich erleichtert, denn ich weiß, dass Siggi eine Chance auf einen Neuanfang hat.
Fazit
Es gibt Romane, die man gelesen haben muss – oder sollte. Aber warum eigentlich? Wenn man eine Ahnung von der ganzen Bandbreite der erzählerischen Möglichkeiten hat und die Geschichte eines Romans mit seinen historischen Entwicklungen kennt, dann öffnet sich beim Lesen eine ganz eigene Welt, die den Sinn für Schönheit und Vollendung schärft und das Leben bereichert. „Deutschstunde“ gehört für mich zu diesen großen Romanen, die dauerhaft geblieben sind und die ich hier in meinen Kategorien „Meine Klassiker“ und „Buch des Monats“ als Buchempfehlung führe.

Weniges liegt so wohlverwahrt im Tresor meiner Erinnerung wie die Begegnungen zwischen meinem Vater und Max Ludwig Nansen; deshalb schlug ich zuversichtlich mein Heft auf, legte meinen Taschenspiegel daneben und suchte die Fahrten meines Vaters nach Bleekenwarf zu beschreiben, nein, nicht allein die Fahrten sondern all die Finten und Fallen, die er sich ausgedacht für Nansen, die schlichten und komplizierten Listen, Pläne, die seinem langsamen Argwohn einfielen, Tricks, Täuschungen und, weil Doktor Korbjuhn es sich gewünscht hatte, schließlich auch die Freuden, die bei der Ausübung der Pflicht wohl abfielen.
Der Autor
Siegfried Lenz ist am 17. März 1926 in Lyck, einer kleinen Stadt im masurischen Ostpreußen geboren. Er zählt zu den bedeutendsten Autoren der deutschsprachigen Nachkriegs- und Gegenwartsliteratur. Nachdem Lenz aus englischer Kriegsgefangenschaft entlassen wurde, ging er nach Hamburg und studierte Philosophie, Anglistik und deutsche Literaturgeschichte. 1950/51 arbeitet er als Redakteur für die „Welt“. Ab 1951 lebt er als freier Schriftsteller in Hamburg. Weite Teile des Lenzschen Werkes sind geprägt durch die Auseinandersetzung mit gesellschaftskritischen Problemen und mit dem Dritten Reich bzw. seiner Verarbeitung. Zu Lenz’ größtem Erfolg wurde dabei der 1968 erschienene Roman „Deutschstunde“, der auch international bahnbrechend wurde.
Wie der junge Siggi Jepsen die Geschichte seines Vaters, eines norddeutschen Polizisten, der es im Nationalsozialismus für seine Pflicht hält, das Malverbot seines Freundes Nansen zu überwachen, erzählt, ist eine bis heute bestechende Demaskierung eines pervertierten Pflichtbegriffs und wurde von vielen als befreiende künstlerische Auseinandersetzung mit diesem Thema verstanden.
Der „Deutschstunde“ folgten viele große Romane. Lenz’ Bücher sind in rund 30 Ländern und in 22 Sprachen übersetzt in einer Auflage von mehr als 20 Millionen erschienen. Für sein Œuvre wurde er mit zahlreichen Ehrungen ausgezeichnet, darunter dem Gerhart-Hauptmann-Preis, dem Bayerische Staatspreis für Literatur, dem Thomas-Mann-Preis, dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, dem Goethe-Preis der Stadt Frankfurt am Main. Diese Auszeichnungen geltem dem literarisch unvergleichlichen Werk diese aussergewöhnlichen Autors. Quelle Biografie (dtv.de)
Bibliographische Daten (Stand März 2021 – www.hoffmann-und-campe.de)
- TITEL: Deutschstunde
- AUTOR: Siegfried Lenz
- GENRE: Roman
- VERLAG: Hoffmann und Campe
- ERSCHEINUNGSTERMIN: 1968
- ISBN-13: 978 3 455 00948 4 (Taschenbuchausgabe)
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