Autorin: Delphine de Vigan
Buchbeschreibung kurz & knapp zusammengefasst
In ihrem neuen Roman „Die Kinder sind Könige“ von Delphine de Vigan geht es um das Thema der Social Media Präsenz und wie Kinder als unfreiwillige Akteure in der Medienwelt versklavt werden.
Mélanie war als junges Mädchen ein großer Fan von Formaten wie ›Big Brother‹. Sie hatte stets davon geträumt, gesehen und berühmt zu werden. Jahre später, als Mutter zweier Kinder, ist es ihr gelungen: Sie ist eine erfolgreiche Youtuberin mit Tausenden von Followern und millionenfachen Likes und Clicks. Objekt ihrer Videos und Posts sind ihre Kinder, die sie auf Schritt und Tritt filmt.
Mélanie war eine Frau ihrer Zeit. So einfach was das. Um zu existieren, musst man Aufrufe, Likes und Stories anhäufen.
Seit Kurzem kommt ihre kleine Tochter, der Star ihres Kanals, dem Filmen immer unwilliger nach. Mélanie tut das als eine Laune ab. Denn wie könnte man die unendliche Liebe, die ihnen aus dem Netz entgegenkommt, als Last empfinden? Dann verschwindet Kimmy nach einem Versteckspiel spurlos. Wie, fragt sich die ermittelnde Polizeibeamtin Clara, soll man einen Verdächtigen ausmachen bei einem Kind, das Tausende Menschen kennen und mehrfach täglich sehen? Schnell begreift sie, dass ihre Methoden der Ermittlung in der virtuellen Welt vollkommen nutzlos sind.
Diese Frau war weder Opfer noch Henker, sie gehörte zu ihrer Epoche. Einer Epoche, in der es normal war, dass man gefilmt wurde, noch bevor man zur Welt kam.
Meine persönlichen Leseeindrücke
Die Welt der Influencer, der Social Medias, des Scheins und weniger des Seins ist ein brandaktuelles Thema. Nachdem das Buch lang genug auf den Bestsellerlisten stand und allgemein sehr positiv besprochen wurde, war die Zeit gekommen, mich diesem Roman zu widmen. Ich habe lange genug gezögert, es schien mich etwas von dem Roman fernzuhalten. „Die Kinder sind Könige“ ist sicher ein Buch, das trotz der Thematik leicht und angenehm zu lesen ist. Die Autorin bereitet die Geschichte gut vor, filetiert geschickt die einzelnen Handlungsstränge und überfordert mich weder inhaltlich noch emotional. Und gerade deshalb fehlt etwas.
Wenn ich einen Roman lese, dann möchte ich die Romanfiguren kennenlernen. Dabei richte ich gerne mein Augenmerk auf äußere und innere Besonderheiten und schätze eine gute literarische Charakterisierung. Das gelingt hier mitnichten. Ich komme keiner Figur emotional wirklich nah und alles gleitet in eine distanzierte Geschehensabfolge ab. Von der narzisstischen Mutter, deren Leben sich lediglich um ihre eigenen Bedürfnisse kreist, und der subtilen psychologischen Gewalteinwirkung, deren die Kinder schutzlos ausgesetzt sind, erreichen mich nur äußere Bilder, einem polizeiprotokollmäßigen, distanzierten Bericht gleich.
Sie war aus der von Markenzeichen und Symbolen gesättigten Welt, in der sie aufgewachsen war, verschwunden, als hätte eine unsichtbare Hand plötzlich beschlossen, sie den Blicken zu entziehen.
Wie in kaum einem anderen Roman, den ich in letzter Zeit gelesen habe, hätte mich hier besonders die emotionale Welt der Mutter und auch der Kinder interessiert. Selbst zum Ende des Buches, ich bin in das zukünftige Jahr 2030 katapultiert, als die psychischen Schäden bei beiden Kindern, die nun junge Erwachsene geworden sind, beschrieben werden, bleibt es bei äußerlichen Banalitäten. Was in den Romanfiguren wirklich vorgeht, erschließt sich mir nur aus dem Kontext, nicht aber aus einer direkten Beschreibung und um diese Kunst geht es ja schließlich in der Literatur!
Fazit
„Die Kinder sind Könige“ von Delphine de Vigan beschäftigt sich mit dem Phänomen des Influencers. Eine Mutter als Meisterin der Manipulation, die ihr Leben und das Leben ihrer Kinder der Öffentlichkeit des Internet preisgibt, versüßt mit vielen Millionen verdientem Geld, erfährt ihre Selbstverwirklichung und vernichtet dabei die Menschen in ihrer unmittelbaren Umgebung. Durchaus ansprechend geschrieben, weder inhaltlich noch emotional überfordernd, kann der Roman durch den sachlich, berichtmäßigen Schreibstil nicht überzeugen.

Es ist eine Welt, deren Existenz unsere Vorstellungskraft übersteigt.
Bibliographische Daten (Stand Juli 2022 – Dumont Verlag)
- TITEL: Die Kinder sind Könige
- AUTORIN: Delphine de Vigan
- ÜBERSETZUNG: Doris Heinemann
- GENRE: Roman
- VERLAG: Dumont Verlag
- UMFANG: 320 Seiten
- ERSCHEINUNGSDATUM: 07. März 2022
- ISBN-13: 978 3 8321 8188 8
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