Autoren: Elyas Jamalzadeh & Andreas Hepp
Buchbeschreibung kurz & knapp zusammengefasst
„Freitag ist ein guter Tag zum Flüchten“ ist kein Roman. Er ist auch kein Sachbuch und auch keine Biographie, sondern eine Mischung von all dem.
Elyas Jamalzadeh wird im Iran geboren. Seine Eltern sind schon Jahre vor seiner Geburt in den Iran geflohen, weil im Heimatland Afghanistan ihr Leben nicht mehr sicher war. Im Iran wächst Elyas als Flüchtling, als Illegaler auf, darf weder die Schule besuchen noch regulär irgendeiner Tätigkeit nachgehen.
„Woher kommst du eigentlich?“
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Meinst du, wo ich geboren wurde? Das war im Iran.
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Meinst du, zu welcher Kultur ich gehöre? Afghanistan.
Oder c) meinst du, was auf meiner Geburtsurkunde steht? Dann bin ich gar nichts. Ein Schatten. Staatenlos. Ich habe keine Geburtsurkunde.“
Er ist ein positiver Mensch und versucht nach jedem Rückschlag wieder aufzustehen. Als er für seinen Bruder einen Botendienst erledigen muss, wird er festgenommen und landet in einem Abschiebegefängnis. Mit viel Glück kann ihn ein Freund rausholen und er entschließt, zu fliehen. Die Flucht über das Mittelmeer nach Griechenland und über die Landroute nach Österreich ist voller Hürden und Misserfolge. Schlussendlich schafft er es und erreicht mit seinen Eltern Österreich. Er verbringt eine glückliche Zeit in Goisern, bis die Interpol im Flüchtlingsheim erscheint.
Dann holt ihn seine afghanische Familientradition wieder ein und er muss von vorne anfangen.
Meine persönlichen Leseeindrücke
Das Buch kann in zwei Abschnitte geteilt werden. Im ersten erzählt Elyas über sein Leben im Iran und die Flucht nach Österreich und im zweiten über seinen dortigen Werdegang.
Was im ersten Teil steht, habe ich schon in einigen Büchern über Schicksale von Afghanen gelesen und finde sehr viele Aussagen bestätigt. Es gibt allerdings manche Stellen, die mich erstaunen. Zum einen gibt es viele Passagen, in denen es ums Geld geht, (extrem viel Geld, wenn man den Aussagen des Buches folgt) und die auf mich unklar wirken. Es fehlen Details, die die Herkunft und Verwaltung des Geldes plausibel erklären.
„Mit dem Geld fanden wir einen großen Schlepper, der sehr bekannt war. … Er hatte einen guten Ruf, er verlangte aber auch viel: von Griechenland bis Österreich und ohne Fingerabdrücke in Ungarn abgeben zu müssen 3500 Euro pro Person.“
Dann gibt es das Verhältnis zu den Schleppern, die Geld zurückzahlen, wenn die geplante Flucht nicht gelingt. Ich kann es nicht beurteilen, es scheint mir fast ein wenig unwahrscheinlich.
Also hab ich einfach nur unser Geld von dem Kleinen (Anm. der „Kleine“ ist seine Bezeichnung für einen Schlepper) zurückgenommen und einen anderen Schlepper gesucht.
Dazu gesellen sich für mich noch einige Unklarheiten, die ich in dem Buch heraus nicht erklärt finde. Ich kann mich deshalb nicht des Eindrucks erwehren, dass es sich hier um eine ganz eigene Erinnerungserzählung geht und es steht mir nicht zu, darüber zu urteilen.
Im zweiten Teil hingegen drückt Elyas seine tiefe Dankbarkeit für die Aufnahme und die Möglichkeiten aus, die ihm Österreich geboten hat. Er setzt sich mit viel Einsatz und Willen für die Integration in diesem Land ein und das wird anerkannt und gefördert. Und es sind vor allem die österreichischen Frauen, Frau Birgit, Frau Edith, Frau Barbara, Frau Schodterer, Frau Sam usw. auf die er sich verlassen kann.
Ich war noch nie so dankbar für alles in meinem Leben gewesen wie in diesen ersten Monaten in Österreich, in Goisern.
Es ist sicher der eigenwillige Erzählstil, der auffällt und der ganzen Tragik eine humoristische, sarkastische Note verleiht, obwohl ich nicht glaube, dass das sinnführend ist.
Fazit
Mit „Freitag ist ein guter Tag zum Flüchten“ verarbeitet Elyas Jamalzadeh das eigene Flüchtlingsschicksal. Mithilfe von Andreas Hepp, der an diesem Projekt mit dem Autor zusammengearbeitet hat, erzählt er von seinem Leben im Iran, der Flucht und die Ankunft in Österreich. Der sarkastische, coole Ton der Erzählung kann gefallen, mich hat er gestört.

Stell dir mal vor, du bist dein Leben lang nervös, merkst alles, bist ständig auf der Hut. Ich wurde schon nervös geboren. Ich war illegal. Jedes Jahr, jeden Tag, jede Minute konnte es passieren.
Die Autoren
Elyas Jamalzadeh, geboren in Teheran als Kind afghanischer Kriegsflüchtlinge. Laut seiner Mutter schneite es am Tag seiner Geburt. Er floh mit seinen Eltern 2014/15 nach Österreich und begann eine Lehre als Friseur.
Andreas Hepp, geboren in Wels, studierte unter anderem Germanistik und arbeitet heute als Deutschlehrer an einer Linzer Privatschule.
Quelle: Hanser Literaturverlage
Bibliographische Daten (Stand April 2022 – Hanser Literaturverlage)
- TITEL: Freitag ist ein guter Tag zum Flüchten
- AUTOREN: Elyas Jamalzadeh & Andreas Hepp
- GENRE: Sachbuch
- VERLAG: Paul Zsolnay Verlag
- ERSCHEINUNGSDATUM: 14. Februar 2022
- UMFANG: 256 Seiten
- ISBN-13: 9783552072893
Auch dieses Buch reicht nicht an die Aussagekraft und Deutlichkeit von Farhad Bitanis Debütroman „L’ultimo lenzuolo bianco“ heran. Wer wirklich Afghanistan verstehen will, wer sich die Pein der Erzählung antun will und heute aufmerksam die Nachrichten zum Talibanregime aufnehmen will, der kommt um Bitani nicht herum. Der Ukrainekrieg hat das Leid der afghanischen Bevölkerung in den Hintergrund gedrängt – die Verbrechen gegen die Menschlichkeit können somit in Afghanistan ungehindert weitergehen.
Die Idee, seine eigene Fluchtgeschichte zu erzählen, ist nicht neu. Enaiatollah Akbari hat zusammen mit Fabio Geda seine Mittelmeerüberfahrt niedergeschrieben und einen beachtlichen Bucherfolg mit dem Debütroman „Im Mittelmeer schwimmen Krokodile“* gefeiert. 2021 erschien der Nachfolgeroman Im Winter Schnee, nachts Sterne. Ähnliche Schicksale, aber literarisch wie Tag und Nacht: unterschiedlicher können die beiden Afghanen nicht erzählen.
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