Autor: Ralf Rothmann
Gelesen von Thomas Sarbacher
Buchbeschreibung kurz & knapp zusammengefasst
„Im Frühling sterben“ ist die Geschichte von Walter Urban und Friedrich »Fiete« Caroli, zwei siebzehnjährigen Melkern aus Norddeutschland, die im Februar 1945 zwangsrekrutiert werden. Während man den einen als Fahrer in der Versorgungseinheit der Waffen-SS einsetzt, muss der andere, Fiete, an die Front. Er desertiert, wird gefasst und zum Tod verurteilt, und Walter, dessen zynischer Vorgesetzter nicht mit sich reden lässt, steht plötzlich mit dem Karabiner im Anschlag vor seinem besten Freund.
„Unser Führer sagte es ja schon: Ein Soldat kann sterben, doch ein Deserteur aber muss sterben.“
In intensiven Bildern erzählt Ralf Rothmann vom letzten Kriegsfrühjahr und den ersten Wochen eines Friedens, in dem einer wie Walter nie mehr heimisch wird.
Meine persönlichen Höreindrücke
Gleich vorweg: mit der Stimme von Thomas Sarbacher komme ich lange nicht zurecht. Sie ist einfach zu glatt, zu neutral, zu nüchtern und wäre nicht diese einzigartige tiefsinnige und eindringliche Erzählung von zwei unschuldigen jungen deutschen Männern kurz vor Kriegsende, ich hätte wahrscheinlich abgebrochen.
Ralf Rothmann erzählt in seinem Roman „Im Frühling sterben“ von zwei Freunden, die eigentlich mit dem Krieg nichts zu tun haben. Sie sind noch nicht volljährig und der Krieg fast verloren. Der Russe rückt von Osten, der Amerikaner von Westen an. Doch die Rekrutierung aller Wehrfähigen ging unvermindert weiter.
Da aber trat ihm ein SS-Mann in den Weg, ein breitschultriger mit einem Ehrendolch am Gürtel, und sagte: „Nach vorn, Kamerad. Du gehst gefälligst nach vorn!“
So finden sich beide Freunde im Krieg wieder, den keiner wollte und der den Tod bedeuten wird. An diesem Punkt wird die Sinnlosigkeit des Krieges auf einem kalten Tablett präsentiert und hier, genau hier, ist Sarbachers Vorlesestil genau richtig. Nur so, und nicht anders kann, muss man lesen! Es gibt keine andere Möglichkeit, die Intensität dieser Situation vorzulesen und der Verzweiflung des Freundes Gehör zu verschaffen.
„Er ist mein Freund, Herr Domberg, ich meine Sturmbannführer, ein wirklich wertvoller Mensch. Es wird alles wiedergutmachen.“
Die Brutalität kann man schreien, aber wenn man sie still vorträgt, dann erst entfaltet sie ihr gesamte Macht. Und während ich zuhöre, denke ich an meinem Stiefvater, der mir einmal gesagt hatte: „Davor wurde ich verschont, aufgrund meiner schlechten Augen musste ich nie antreten.“ Er hatte über den Krieg kaum gesprochen, vielleicht war das Trauma doch nicht überwunden – ich habe ihn niemals gefragt.
„Und dieser Mann, auf dessen Koppelschloss wie bei uns allen Meine Ehre heißt Treue steht, hat das Schlimmste getan, was ein Soldat tun kann: Er war nicht feige vor dem Feind, oh nein! Das ließe sich unter Umständen noch verstehen. Er war feige vor dem Freund!“
Fazit
Ralf Rothmann hinterfragt in seinem Roman „Im Frühling sterben“ den Sinn des Krieges und zeigt die Brutalität der Kriegsmaschinerie, die selbst vor den jungen Menschen keinen Halt machte. An den ungleichen Freunden Ata und Fiete verdeutlicht er was Charakterstärke bedeutet, wie unmenschlich die Realität während der Kriegszeiten war, und was die grausamen Konsequenzen waren, wenn der lebenserhaltenen Gehorsam verloren ging.

Im Krieg kommt es nicht darauf an, was jemand wünscht, fühlt oder denkt, im Krieg zählt allein, wie jemand handelt – das werden Sie doch schon erfahren haben, oder?
Der Autor
Ralf Rothmann wurde am 10. Mai 1953 in Schleswig geboren und wuchs im Ruhrgebiet auf. Nach der Volksschule (und einem kurzen Besuch der Handelsschule) machte er eine Maurerlehre, arbeitete mehrere Jahre auf dem Bau und danach in verschiedenen Berufen (unter anderem als Drucker, Krankenpfleger und Koch). Sein Werk wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Er lebt seit 1976 in Berlin. Quelle
Der Sprecher
Thomas Sarbacher, geboren 1961, begann seine Karriere als Schauspieler bei der Bremer Shakespeare Company. Es folgten Engagements an verschiedenen deutschsprachigen Bühnen. In der Rolle charismatischen Hauptkommissars in der Krimireihe »Der Elefant – Mord verjährt nie« wurde er 2002 einem breiten Publikum bekannt. Er war u. a. in Kinofilmen wie »Underdogs« und »Die Welle« zu sehen. Für literarische Lesungen und Hörspielproduktionen sitzt er regelmäßig vor dem Mikrofon. Aktuell hat er Requiem von Alfred Loser eingelesen. Weiter Informationen finden Sie auf seiner Website.
Bibliographische Daten (Stand Februar 2023 – Hörbuch Hamburg)
- TITEL: Im Frühling sterben
- AUTOR: Ralf Rothmann
- SPRECHER: Thomas Sarbacher
- GENRE: Hörbuch
- SPRACHE: Deutsch
- LABEL: Hörbuch Hamburg
- ERSCHEINUNGSDATUM: 15.07.2015
- SPIELZEIT: ca. 400 Min. – 6 CDs
- ISBN-13: 978 3 9571 3020 4
- WEITERE INFORMATIONEN
- ungekürzte Lesung
- das aktuelle Buch (Taschenbuch-ISBN 978 3 5184 6680 3) ist bei Suhrkamp am 08.08.2016 erschienen
Es folgen die weiteren beiden Bücher der Trilogie Der Gott jenes Sommers & Die Nacht unterm Schnee. demnächst in meinem Blog.
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