Autorin: Elina Penner
Buchbeschreibung kurz & knapp zusammengefasst
In ihrem Debütroman „Nachtbeeren“ erzählt Elina Penner über Nelli und ihre Großfamilie, die als Russlanddeutsche nach Deutschland ausgewandert sind. Mit Großeltern, Eltern und ihren 4 älteren Brüdern, die mit einer Ausnahme ihre Väter sein könnten, ist sie, die Nachzüglerin, wenig geliebt. Nur ihre Öma nimmt sich ihrer an, stützt sie in schlimmsten Momenten und hält sie so am Leben.
„Weißt du, Jakob, wir können alle genau das Gleiche durchmachen, und wir werden alle anders reagieren. Deine Mama hat schlimme Sache erlebt und deine Öle Öma war der Mensch, der versucht hat, ihr beizubringen, damit umzugehen. Diese kleinen Berührungen haben ihr geholfen ihren Körper zu spüren, wenn sie sich taub gefühlt hat.“
Selbst in der Ehe mit Kornelius findet sie keinen Halt. Ganz im Gegenteil. Kornelius offenbart ihr, dass er sich neu verliebt hat, in eine andere Frau.
Dann findet Jakob, Nellis Sohn, morgens in der Tiefkühltruhe seinen Vater, verpackt in verschiedene Toppits-Gefrierbeutel. Er kann nur einen Menschen anrufen und ihn um Hilfe bitten. Das ist der 2. Teil der Geschichte, makaber schräg erzählt.
Meine persönlichen Leseeindrücke
Nachtbeeren ist ein Roman über eine tragische Frauenfigur.
Ich bin eine 35-jährige, gläubige, fromme und bekehrte Mennonitin, und mein Mann ist weg.
Der Roman, der eigentlich nur zwei Tagen erzählt, teilt sich in zwei große Handlungsstränge: die Vergangenheit, in der das Leben von Nelli und ihrer Familie ab der Ankunft in Deutschland erzählt wird und die Gegenwart, die mit dem Fund der Leichenteile beginnt.
Heillos überfordert von der Lebensumstellung im Notauffanglager, in der die russische Familie die erste Zeit in Deutschland verbringt, eingepfercht auf engstem Raum und ohne Ahnung, was das Leben morgen bereithält, erlebt das Mädchen Nelli die unerbittliche Härte ihrer Eltern, die nur ihre Öma abzufedern vermag. So erhalte ich einen sehr guten Einblick in das Familienleben von russischen Aussiedlern, lese einige Wörter in Plautdietsch, erfahre von Bräuchen und Verhaltensmustern von Russlanddeutschen in Deutschland und ganz nebenbei auch etwas über die Mennoniten, die ich bisher nur dem Namen nach kannte. Dieser erste Teil ist gut beschrieben, wenngleich der direkte und teils grobe Schreibstil mir nicht so gefällt.
Der 2. Teil, der mit dem Leichenfund beginnt, ist so schräg, dass ich trotz der absurden Geschichte ab und an herzlich lachen muss. Es ist eine Geschichte in der Geschichte und heitert den Lesestoff erheblich auf, wenn auch auf eine recht makabre Art.
„Das ist kein Gefrierbrand, das sind die guten Beutel von Toppits, da gibt es keinen Gefrierbrand!“
Fazit
„Nachtbeeren“ von Elina Penner hat mir gut gefallen. Die Autorin zeichnet in ihrem Debütroman das Portrait einer jungen Frau, die als jüngstes Kind russlanddeutscher Auswanderer in Deutschland aufwächst und sich in eine Scheinwelt flüchtet, weil sie am reellen Leben fast zerbricht. Der Erzählstil passt durchaus zur Handlung und den Protagonisten, dennoch bin ich der Überzeugung, dass literarisch mehr möglich sein sollte.

Ich habe gelernt so leise zu sein, dass niemand auffällt, wenn ich in der Nähe bin.
Die Autorin
Elina Penner wurde 1987 als mennonitische Deutsche in der ehemaligen Sowjetunion geboren und kam 1991 nach Deutschland. Plautdietsch ist ihre Muttersprache. Nach Jahren in Berlin und in den USA lebt sie mit ihrer Familie in Ostwestfalen. „Nachtbeeren“ ist ihr Debütroman. Quelle: Aufbau Verlage
Bibliographische Daten (Stand August 2022 – Aufbau Verlage)
- TITEL: Nachtbeeren
- AUTORIN: Elina Penner
- GENRE: Roman
- VERLAG: Aufbau Verlage
- UMFANG: 248 Seiten
- ERSCHEINUNGSDATUM: 14. März 2022
- ISBN: 978 3 3510 3936 3
2 Comments
Elina Penner hat einen Roman geschrieben über die Mennoniten, als Aussiedler aus Russland nach Deutschland gekommen, deren Lebensumstände uns relativ unbekannt sind. Daher auch meine Aussage zu diesem Roman: Ich habe einiges gelernt. Auf die ›Kühltruhe‹ im Roman haben die Leserinnen und Leser sehr unterschiedlich reagiert, so Elina Penner in einem Interview. Die Russlanddeutschen hätten sich totgelacht und die Deutschen….? Auch ich habe den Roman rezensiert, bin aber auch noch auf die politische Situation eingegangen. Hier nachzulesen: https://mittelhaus.com/2023/04/05/elina-penner-nachtbeeren/
Lesenswert!
Ich habe mich über den Kommentar sehr gefreut und die Rezension auf mittelhaus.com gelesen, die obwohl so unterschiedlich zu meiner, die Sicht auf den Roman sehr gut ergänzt. Das Buch ist absolut lesenswert und wer kann, der lacht!