Autorin: Vicotria Belim
Aus dem Russischen von Ekaterina Pavlova
Buchbeschreibung kurz & knapp zusammengefasst
Es kommt nicht oft vor, dass ich den Klappentext als Buchbeschreibung wähle doch bei vorliegendem Debütroman „Rote Sirenen“, der in 15 Ländern erscheint, mache ich wieder eine der wenigen Ausnahmen.
Während Russland 2014 die Krim annektiert, kehrt Victoria in die Heimat ihrer Familie, die Ukraine, zurück. Dort ist sie geboren und aufgewachsen. Sie will verstehen, woher sie kommt.
Der ukrainische Zweig meiner Familie hatte Roma und möglicherweise jüdische Wurzeln, und der russische hatte di kommunistische Maxime „Freundschaft der Völker“ verinnerlicht, denn durch verschiedene Eheschließungen war gut die Hälfte der Sowjetrepubliken in meinem Familienmosaik vertreten.
Wieso ist ihr Urgroßonkel Nikodim in den 1930er Jahren spurlos verschwunden, und warum spricht in der Familie seit fast einem Jahrhundert niemand über ihn? Valentina, ihre Großmutter, will ihr verbieten, weiter Fragen zu stellen und kümmert sich lieber um ihren Obstgarten. Aber Victoria gibt sich nicht länger mit Ausflüchten zufrieden. Sie reist zum Haus mit den roten Sirenen, dem früheren Hauptquartier des sowjetischen Geheimdienstes, und zeichnet die Konturen vom Leben ihres Urgroßonkels nach. Die Vergangenheit wird dabei zu einem Schlüssel, ihre Herkunft und sich selbst zu verstehen. Ein Buch über die ergreifende Spurensuche einer jungen Frau und eine emotionale autobiographische Familiengeschichte.
„Sie waren zu lange nicht mehr in der Ukraine, meine Liebe. Dachten Sie, dass die sowjetische Lebensweise mit dem Staat verschwunden wäre? Das wird noch lange dauern, bis wir verlernt haben, sowjetisch zu denken und zu handeln.“
Meine persönlichen Leseeindrücke
Das Unternehmen, für das ich tätig bin, hat viele ukrainische Mitarbeiter. Durch sie habe ich die Gelegenheit bekommen, an der ukrainischen Geschichte und Kultur teilzunehmen, mit all den Facetten und unterschiedlichen Ansichten.
Um die Geschichte der Ukraine auszuhalten, seien Beruhigungsmittel vonnöten, witzelte Wolodymyr Wynnytschenko, Schriftsteller und Generalsekretär der 1917 erstmals unabhängigen ukrainischen Volksrepublik.
Was mir an Victoria Belim und ihrem Roman „Rote Sirenen“ sofort gefallen hat, war ihre Aufrichtigkeit in der Erzählung ihrer Familiengeschichte. Sie ärgert sich, wenn sie das Gefühl hat, dass dem Land unrecht getan wird, sie freut sich, wenn sie Bekannte aus ihren Kindertagen wieder trifft, und sie erlaubt ihrer Vergangenheit das Band zur Gegenwart zu knüpfen. Die Verbindung zu ihrer Großmutter Valentina, die wache Erinnerung an ihre Urgroßmutter Asja, prägen ihre Aufenthalte in der Ukraine. Das trifft besonders auf die Suche nach ihrem verschollenen Urgroßonkel zu, bei der beide Frauen eine wichtige Rolle spielen, wenngleich eine gänzlich unterschiedliche.
Mitten in der Stadt Poltawa steht das schönste Gebäude, ein elegantes Anwesen, das um die Jahrhundertwende als Bank errichtet worden war. Die zwei üppigen roten Sirenen, die das Eingangsportal flankierten, wurden im Volksmund Hähne genannt.
Wie ich bereits im Roman „Das Leben nach uns“, den ich nicht in meinem Blog aufgenommen habe, mit Erstaunen feststellen durfte, haben Russen, und wie ich jetzt auch weiß Ukrainer, eine innige Beziehung zu Obstgärten. Das Arbeiten im Garten zeugt von einer großen Harmonie zwischen Mensch und Natur, wobei es der Mensch ist, der dem Zyklus der Natur folgt und sich ihm freiwillig unterwirft. In diesem Zusammenhang fand ich es überaus interessant, dass Großmutter Valentina in ihrem Garten die Tomatensorten San Marzano und Ochsenherzen anbaut. Die klimatischen Bedingungen müssen also überaus günstig sein.
Und es ist wahrscheinlich diese Zugehörigkeit und diese enorme Liebe zur Heimat, jenem Stückchen Erde auf dem man aufwächst, das den Menschen prägt, mit all seinen Freuden und Ängsten.
Da dachte ich, dass sich die Geschichte schmerzhafter Ereignisse, wenn sie nicht erzählt werden, in schwarze Löcher verwandeln, die alles um sie herum verschlingen.
Fazit
„Rote Sirenen“ ist ein wunderbares, persönliches Buch über die Ukraine, das dem Leser dieses Land mit seiner bewegte Geschichte näherbringt. Anhand der eigenen Familiengeschichte gelingt es Victoria Belim zu erklären, wie die jüngere Geschichte das Land und die Bevölkerung geprägt hat und was der Krieg in diesem Gebiet z. Z. anrichtet.
Seitdem hatte ich genug Zeit in der Ukraine verbracht, um zu wissen, dass selbst meine Großmutter, die sich als Patriotin verstand, bestimmte Aspekte der Sowjetunion vermisste.
Es bleibt nur zu hoffen, dass sich die Ukraine, wie auch immer dieser Krieg ausgehen mag, ihre junge Existenz bewahren kann und ihre Kultur und Sprache in die Zukunft zu tragen vermag.

„Des Menschen Herz ist ein merkwürdiges Organ“, sagte Asja über da Überleben während jener Zeit. „Es wächst am Schmerz, und es hofft entgegen aller Hoffnungslosigkeit.“
Die Autorin
Victoria Belim ist in der Ukraine geboren, emigrierte als Teenager in die USA, studierte dort Politikwissenschaften und lebt heute in Belgien. Sie arbeitet als Autorin, Journalistin und Übersetzerin aus dem Persischen und spricht 18 Sprachen. Auf ihrem Blog schreibt sie als ausgebildete Parfümeurin über die Welt der Düfte, Kunst und Kultur. »Rote Sirenen« ist ihr erstes Buch. Es erscheint in 15 Ländern. Quelle: Aufbau Verlage
Die Übersetzerin
Über Frau Ekaterina Pavlova habe ich leider im Internet keine Informationen gefunden und auch auf der Website des Aufbau Verlages gibt es keine Auskünfte.
Bibliographische Daten (Stand Januar 2023 – Aufbau Verlage)
- TITEL: Rote Sirenen
- AUTORIN: Victoria Belim
- ÜBERSETZUNG: Ekatarina Pavlova
- GENRE: Roman
- VERLAG: Aufbau Verlage
- UMFANG:
- ERSCHEINUNGSDATUM: 16. Januar 2023
- ISBN-13: 978 3 3510 4180 9
Bücher über die Ukraine und Russland habe ich nicht sehr viele in meinem Blog. Nachstehende Werke geben einen wunderbaren Einblick in die russisch/ukrainische Kultur und Geschichte: Graue Bienen von Andrej Kurkow und Junischnee von Ljuba Arnautovic.
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